20. September 1905: Die neue Synagoge in der Turnerstraße wird eingeweiht
von Dagmar Giesecke, Stadtarchiv und Landesgeschichtliche Bibliothek

„Bielefeld. Hierselbst fand am 20. d. M. die feierliche Einweihung der neuen Synagoge statt. […] Bei herrlichem Wetter vollzog sich die Einweihung. Die Gemeinde und viele hiesige und auswärtige Gäste hatten sich in der Synagoge versammelt. Der Regierungspräsident wurde leider im letzten Augenblicke an der Teilnahme verhindert. Vor Beginn der Feier wurde Herrn Bankier Moritz Katzenstein, dem langjährigen um die Gemeinde hochverdienten und als Wohltäter und Philanthrop allbeliebten 1. Vorsitzenden des Vorstandes, […] vom Oberbürgermeister Geheimen Reg.-Rat Bunnemann der Königl. Kronenorden 4. Klasse überreicht, der ihm vom Kaiser verliehen wurde. Herr Katzenstein war auch der Hauptförderer des Baues. […] Vor dem Portal fand die Schlüsselübergabe statt. Neun weißgekleidete Mädchen hatten dort Aufstellung genommen. Eines von ihnen […] überreichte den auf einem Kissen liegenden Schlüssel dem Reg.-Rat Fürstenau. […] Unter feierlichem Gebet wurde die ewige Lampe von Herrn Rabbiner Dr. Coblenz entzündet. Nachdem dann zum 1. Mal das Sch’mah jisroel und haschiwenu durch die Hallen geklungen war und der Chor Mendelsohns ‚Hebe deine Augen auf‘ gesungen hatte, hielt Herr Rabbiner Dr. Coblenz, der als glänzender Redner über die Grenzen der Provinz gerühmt wird, […] eine tiefdurchdachte, gedankenreiche Weiherede”. Das wöchentlich erscheinende Israelitische Familienblatt bot der Einweihung der Bielefelder Synagoge am 28. September 1905 breiten Platz.