Die Geschichte des Lutter-Kanals

Vom Bach zum unterirdischen Kanal 

Das war nichts für empfindliche Nasen. Ende des 19. Jahrhunderts leiteten die Bielefelder*innen Abwasser und Fäkalien aus ihren Häusern direkt in den Lutterbach. Damals floss er noch überall oberirdisch. Kläranlagen gab es nicht. Aus hygienischen Gründen entschieden die Stadtväter, das Gewässer zu verrohren. So wurde die Bielefelder Weser-Lutter – nicht zu verwechseln mit der Ems-Lutter auf der anderen Seite des Teutoburger Waldes – um 1900 zum unterirdischen Kanal. Das war für damalige Verhältnisse ein abwassertechnischer Fortschritt. 

Für den Bach erschufen die Arbeiter ein Maulprofil mit einer Breite von rund 3,50 Metern. Sie mauerten und betonierten den Kanal (Kanalklinkerbauweise mit Ortbeton). Obendrauf verlegten sie huckepack einen Schmutzwasserkanal, der das Abwasser der Haushalte sammelt und abführt. Auch heute noch fließt der Lutterbach in weiten Teilen unbemerkt im Bielefelder Untergrund. 
Im Lauf der Jahrzehnte entstanden entlang des Lutterkanals neue Häuser, zum Teil sogar direkt über der unterirdischen Verrohrung, wie das Gymnasium am Waldhof. In der Ravensberger Straße wurde in nächster Nähe des Kanals die Platanenallee gepflanzt. 

Durch den Trümmerschutt der zerbombten Häuser im zweiten Weltkrieg verschwand der Bielefelder Lutterkanal tiefer unter der Erde – heute liegt das Rohr zum Beispiel sechs Meter unter der Ravensberger Straße. Inzwischen ist die Verrohrung mehr als 110 Jahre alt. Der Zahn der Zeit hat an dem Bauwerk genagt – mit Folgen für die Statik. 

Die verrohrte Lutter verläuft vom Adenauerplatz am westlichen Rand der Bielefelder Altstadt, an der Kunsthalle vorbei, zum Gymnasium am Waldhof, durch die Straße am Bach, quert den Niederwall und folgt dann dem Verlauf der Ravensberger Straße bis zum Stauteich I.