Totholz im Stadtwald

Foto: Totholz am Kahlen Berg

Konzept Naturwald des Umweltbetriebes

Der Umweltbetrieb der Stadt Bielefeld, Abteilung Forsten, hat seit Jahren seinen Betrieb auf naturnahe Waldbaumethoden umgestellt, die sich an den Entwicklungsmodellen des Naturwaldes orientieren.

Das Gelingen dieser Vorgehensweise ist weitestgehend geknüpft an die Einhaltung bestimmter Grundsätze, wie zum Beispiel die Belassung von so genanntem Totholz im Wald.

Dementsprechend wurde auch ein Totholzkonzept erstellt, das bei der Bewirtschaftung des Stadtwaldes berücksichtigt wird.
Totholz beherbergt die artenreichste Lebensgemeinschaft im Wald. Die Bedeutung des Totholzes für den Wald ist heute unbestritten.

Einige Waldspaziergänger*innen beschweren sich bei den Forst-Mitarbeitenden des Umweltbetriebes (UWB) darüber, dass die Waldungen nicht besser aufgeräumt seien und viel Holz ungenutzt „verkommen“ würde. Gerade Menschen älterer Generationen erinnern sich gerne daran, dass besonders in der Nachkriegszeit kein Ast mehr auf dem Waldboden zu finden war. Nun kann man letztendlich über Ästhetik streiten, die unbedingte ökologische Bedeutung dieses so genannten Totholzes ist jedoch eindeutig.

Im bewirtschafteten Wald wurde bis vor einigen Jahren die überwiegende Zahl an Bäumen geerntet, bevor sie natürlich abstarben. Im Gegensatz dazu waren in den Urwäldern Mitteleuropas uralte Baumriesen, kranke Bäume, Tot- und Faulholz ein überall vorhandener Lebensraum für zahlreiche Pflanzen, Tiere und Mikroorganismen.

Absterbende und tote Bäume sind nicht leblos. Sie beherbergen die artenreichste Lebensgemeinschaft des Waldes. Stirbt ein Baum, so zieht neues Leben in ihn ein. Totholz bildet die ökologische Nische für eine große Zahl von Organismen, die nur hier leben können. Jede Phase des Zerfalls ist begleitet von ihr typischen zahllosen Bakterien, Pilzen, Flechten, Moosen, Käfern, Vögeln, verschiedenen Säugetierarten und mehr. Viele dieser Arten sind in ihrem Bestand stark gefährdet. Sie alle nutzen das geschwächte Holz als Nahrung, Brutraum und Versteck, und sie alle lassen seine Biomasse durch Zersetzung wieder in den Nährstoffkreislauf des Waldes einfließen. Durch diesen mechanischen und biochemischen Abbau entsteht aus Holz wieder ein nährstoffhaltiger Humus. Fehlt das Totholz, reduzieren sich die von ihm lebenden Arten. Es kommt zu Nährstoffverlusten im Boden, des Weiteren zu einer Minderung der wiederum im Boden lebenden Mikroorganismen. Den Bäumen werden somit wichtige Nährstoffe und Mineralien vorenthalten.

Foto: Totholz im Stadtwald am Heimat-Tierpark Olderdissen

Aber es ist nicht nur liegendes Totholz wichtig, gerade die noch stehenden Bäume bieten hinsichtlich der Faktoren Besonnung und Feuchtigkeit sehr vielfältige Milieubedingungen für unendlich viele Tier- und Pflanzenarten. Natürlich kann dieses stehende Totholz eine Gefährdung für die Waldbesucher*innen darstellen, so dass im stark besuchten Stadtwald hierauf besonders geachtet werden muss.

Das im Wald belassene, unaufgeräumte Holz wirkt wie ein schützender Verhau gegen Wildverbiss und klimatische Extreme. Hierunter findet sich Naturverjüngung ein, die allmählich einen Jungwald bildet. An Hanglagen vermindert liegendes Totholz die Bodenerosion.

Die Totholzmenge in Urwäldern ist sehr hoch. Für unsere heutigen Wirtschaftswälder wird ein Totholzanteil von mindestens fünf Prozent des stehenden Holzvorrates angestrebt; das entspricht durchschnittlich 15 Kubikmeter pro Hektar.

Auch das Problem des Totholzes als Brutstätte von schädlichen Insekten wird immer wieder von Waldbesucher*innen angesprochen. Tatsächlich kann nur ein kleiner Teil der artenreichen Lebensgemeinschaft des Totholzes auch lebende Bäume besiedeln und schädigen. Diese Entwicklung kommt jedoch ausschließlich in reinen Nadelwaldungen vor. In naturnahen Wirtschaftswäldern, wie sie seit einigen Jahren von der Abteilung Forsten des Umweltbetriebes angestrebt werden, ist mit einer massenhaften Ausbreitung dieser Schädlinge nicht zu rechnen. Der ökologische Nutzen überwiegt hier bei weitem.

Der Verzicht auf die Nutzung des Totholzes hat keinen wirtschaftlichen Nachteil. Das Gegenteil ist der Fall. Eine intakte Waldlebensgemeinschaft fördert den Holzzuwachs und mindert Schäden am Waldbestand. Nicht zuletzt auch wegen der Bedeutung des Totholzes, hat die Stadt 26,4 Hektar Wald aus der Bewirtschaftung herausgenommen.

Leider entwickeln manche Menschen aus dem im Wald liegenden Totholz einen folgefalschen Nachahmungseffekt. So lagern sie große Abfallhaufen z.B. aus Rasen- und Heckenschnitt im Wald ab, mit der Begründung: „Pflanzenabfälle sind doch organisch, das Zeug verrottet schon noch“. Neben dem hier tatsächlich gestörten Naturgenuss haben diese hässlichen Abfallhaufen mehrere schädliche Einflüsse auf den Wald.

Die Bodenlebewesen ersticken unter diesen Ablagerungen. Austretende Sickersäfte stören die Nährstoffversorgung der Bäume, die Bodenverdichtung behindert die Atmung der Baumwurzeln, die zu faulen beginnen. Der Waldboden stirbt regelrecht ab. In der Umgebung dieser Haufen breiten sich Gartenpflanzen aus, die hier nicht natürlich vorkommen und die eigentlichen Waldbodenpflanzen verdrängen.

Eine Möglichkeit dies zu verhindern, ist die Anlage eines richtig unterhaltenen Komposthaufens. Die dabei entstehende Humuserde kann als Dünger im Garten ausgebracht werden. Als Ansprechpartnerin steht hier die Abfall- und Kompostberatung des Umweltbetriebes zur Verfügung.