Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz

Null-Toleranz bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz 

Die Stadt Bielefeld setzt ein deutliches Zeichen gegen Diskriminierung und Gewalt und hat eine Dienstvereinbarung zum Schutz vor sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erarbeitet.

Am 24. Juni gaben Oberbürgermeister Pit Clausen, Agnieszka Salek, Leiterin der Gleichstellungsstelle, und Susanne Bondzio, Vorsitzende des Personalrates, den Startschuss. „Ich finde es gut und wichtig, dass wir das Thema aufgreifen. Es werden sicher nur wenige Fälle wirklich öffentlich und vieles geschieht in der Grauzone. Wir wollen betroffene Mitarbeiter*innen durch die Dienstvereinbarung ermutigen, Vorfälle auf den Tisch zu bringen“, sagt der Oberbürgermeister.

Der Gleichstellungsstelle werden immer mal wieder Fälle von sexueller Belästigung angezeigt. „Oft gibt es den Wunsch, die Vorfälle öffentlich nicht zu thematisieren. Wir haben mit dieser Dienstvereinbarung, mit der wir zu den Vorreiter*innen im Land gehören, nun ein neues Instrument für Mitarbeitende und Führungskräfte zur Hand, um diesen Schritt zu erleichtern“, beschreibt Agnieszka Salek.

Die Gleichstellungsstelle, der Personalrat und das Amt für Personal haben ein standardisiertes Verfahren und einen Leitfaden entwickelt für den Umgang mit Fällen sexueller Belästigung. „Oftmals kontaktieren uns auch Kolleginnen und Kollegen, die am Rande von der sexuellen Belästigung mitbekommen haben und unsicher sind, wie sie damit umgehen sollen. Auch sie bekommen jetzt durch die Dienstvereinbarung wertvolle Handlungsempfehlungen“, erklärt Susanne Bondzio.

Die Dienstvereinbarung enthält Informationen über die Ausprägungen sexueller Belästigung am Arbeitsplatz und die Rechte betroffener Beschäftigter. In der Dienstvereinbarung wird ein konkretes Verfahren, wie mit gemeldeten Fällen sexueller Belästigung umzugehen ist, vorgestellt. Zudem finden Sie in der Dienstvereinbarung interne und externe Anlaufstellen, an die sich betroffene Personen wenden können.

Flankierend zu der Dienstvereinbarung gibt es zwei neue Leitfäden „Null-Toleranz bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ für Beschäftigte und Führungskräfte. In beiden Leitfäden finden Kolleg*innen Orientierungshilfen zum Vorgehen bei sexueller Belästigung.

Flyer und Plakate „Null-Toleranz bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz“ werden demnächst über die Hauspost an alle Mitarbeiter*innen verteilt und können auch über die Gleichstellungsstelle, E-Mail: gleichstellungsstelle [ät] bielefeld.de (gleichstellungsstelle[at]bielefeld[dot]de) bezogen werden.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz kommt in Deutschland immer wieder vor. Laut einer Umfrage der Antidiskriminierungsstelle des Bundes aus dem Jahr 2015 gab die Hälfte der befragten Beschäftigten an, am Arbeitsplatz selbst eine sexuelle Belästigung erlebt zu haben. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist eine häufige Form von Gewalt gegen Frauen, die unabhängig von Branche und beruflicher Position auftritt.

Meistens sind Frauen Opfer von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz. Aber auch Männer, Trans*- Personen und intergeschlechtliche Menschen können betroffen sein.

Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) spricht von sexueller Belästigung, wenn ,,ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird‘‘ (§ 3 Abs. 4 AGG).

Die Handlungen lassen sich in drei Kategorien unterteilen:

Verbal:

  • sexuell anzügliche Bemerkungen, Witze oder Kommentare
  • Fragen mit sexuellem Inhalt
  • Aufforderung zu intimen oder sexuellen Handlungen
  • Androhen beruflicher Nachteile oder Versprechen von Vorteilen

Non-verbal:

  • aufdringliches Starren oder anzügliche Blicke
  • Hinterherpfeifen
  • unerwünschte SMS oder Fotos mit sexuellem Bezug
  • unerwünschte erotische oder pornografische Bilder, die am Arbeitsplatz aufgehängt werden

Physisch:

  • unerwünschte Berührungen wie z.B. Streicheln
  • körperliche Gewalt sowie jede Form sexualisierter Übergriffe bis hin zu Vergewaltigung

Im Arbeitskontext entsteht sexuelle Belästigung häufig im Zusammenhang mit Machtausübung und Hierarchien. Beispielsweise werden hierarchische Arbeitsbeziehungen ausgenutzt, um die eigene Macht zu demonstrieren. Sie kann aber auch als Mittel verwendet werden, um Konkurrenz auszuschalten bzw. die Autorität einer vorgesetzten Person herabzustufen.

Sexuelle Belästigung oder Flirt – klare Abgrenzung!

Sexuelle Belästigung wird häufig nicht als solche erkannt. Oftmals werden die belästigten Personen beschuldigt, etwas missverstanden zu haben oder es wird als Flirtversuch verharmlost. Studien zeigen jedoch, dass Menschen ein gutes Gespür dafür haben, wann eine Grenzüberschreitung und Würdeverletzung des Gegenübers vorliegt. Sexuelle Belästigung ist ein bewusstes und geplantes Verhalten.

Ein Flirt hat nichts mit sexueller Belästigung zu tun und ist auch am Arbeitsplatz nicht verboten. Ein Flirt basiert immer auf beiderseitigem Verhalten, während übergriffiges Verhalten ohne das Einverständnis der anderen Person geschieht.

Die Grenze zwischen Flirt und sexueller Belästigung ist eindeutig:

Ein Flirt …

  • ist eine gegenseitige Entwicklung
  • ist von beiden Seiten erwünscht
  • respektiert die persönlichen Grenzen

Sexuelle Belästigung …

  • ist eine einseitige Annäherung
  • ist von einer Person nicht erwünscht
  • verletzt persönliche Grenzen
  • ist erniedrigend und beleidigend
Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist immer verboten!

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist verboten. Das AGG gibt Ihnen Rechte, sich gegen sexuelle Belästigung zu wehren und regelt darüber hinaus die Schutzpflicht der Arbeitgeber*innen gegenüber den Beschäftigten.  

Das AGG sieht für Betroffene drei zentrale Rechte vor:

Beschwerderecht nach § 13 AGG:

Sie haben das Recht sich bei der zuständigen Stelle im Betrieb zu beschweren, wenn Sie das Gefühl haben von sexueller Belästigung betroffen zu sein.

Die zuständige Stelle ist verpflichtet Ihrer Beschwerde nachzugehen. Nachteile, wie beispielsweise Abmahnung oder Kündigung, dürfen nicht entstehen. Darüber hinaus haben Sie den Anspruch auf vorbeugende und unterbindende Schutzmaßnahmen durch den*die Arbeitgeber*in.

Leistungsverweigerungsrecht nach § 14 AGG:

Falls der Betrieb keine wirksamen Maßnahmen erfüllt, um Sie zu schützen, können Sie unter bestimmten Voraussetzungen der Arbeit fernbleiben und weiterhin das volle Gehalt verlangen. Wichtig dabei ist, dass dies nur möglich ist, wenn der Betrieb nichts zum Schutz vor sexueller Belästigung unternimmt oder die Maßnahmen eindeutig ungeeignet sind. In jedem Fall sollte der*die Arbeitgeber*in vor der Leistungsverweigerung schriftlich und unter Angabe der Gründe informiert werden.

Bitte beachten Sie:

  • Es ist nicht immer erkennbar, ob eine Maßnahme geeignet ist. Im Zweifel müssen Sie die Rechtfertigung für die Leistungsverweigerung beweisen.
  • Sind die Voraussetzungen für eine Leistungsverweigerung nicht gegeben, ist ihr*e Arbeitgeber*in ggf. zu einer Kündigung berechtigt.

Sie sollten sich daher auf jeden Fall juristisch beraten lassen, bevor Sie die Arbeit niederlegen!

Ansprüche auf Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 AGG:

In bestimmten Fällen haben Sie einen Anspruch auf Schadensersatz bzw. Entschädigung gegenüber dem*der Arbeitgeber*in. Hier ist eine Frist von zwei Monaten zu bewahren. Arbeitgeber*innen haften nur für eine sexuelle Belästigung, wenn diese von einer Person ausgeht, die Arbeitgeberfunktionen wahrnimmt oder Weisungsrecht hat (z.B. Vorgesetze). Bei sexueller Belästigung durch Kolleg*innen haften Arbeitgeber*innen nur, wenn sie keine Schutzmaßnahmen ergriffen haben und es erneut zu einem Vorfall kommt.

Hilfemöglichkeiten:

Antidiskriminierungsstelle des Bundes
Tel. 030 18555-1865

Darüber hinaus gibt es Anlaufstellen in Bielefeld:

Frauennotruf Bielefeld e.V.

Telefon: 0521 124248

Gleichstellungsstelle der Stadt Bielefeld:

Telefon: 0521 512018